Helmut Newton ein schlechter Fotograf?

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Dass Helmut Neustädter vor seinem ruhmreichen Fotografenleben als Helmut Newton aus Nazideutschland flüchten musste ist bekannt, die genaueren Umstände aber weniger. Vor seiner Internierung in Tatura, Australien führte er nämlich ein recht buntes Leben in Singapur, wenn auch nicht lang.

Ende 1938 erreichte der gerade mal 18-jährige Berliner die malaiische Halbinsel und musste dringend Geld verdienen. Seine zahlreichen Geliebten (angeblich amüsierte er sich bereits während der Überfahrt auf dem Schiff mit den verheirateten Frauen) fütterten den talentierten Fotografen zwar durch, trotzdem heuerte er bei der noch heute existierenden Tageszeitung „The Straits Times“ an. Die ihn jedoch nach nur zwei Wochen wegen Unfähigkeit wieder feuerte. Er gab später selbst zu, nicht ein einziges verwendbares Foto abgeliefert zu haben.

Gesellschaftsfotografie war wohl nicht seine „Cup of Tea“, denn in der britischen Kolonie hat er lieber als Gast denn als Fotograf an Feierlichkeiten teilgenommen. Er eröffnete ein eigenes Fotostudio und konnte sich bald ruhig zurücklehnen, spätestens nachdem der Sultan von Johor ihn beauftragte, seinen Söhnen das Fotografieren beizubringen. Das war der Durchbruch.

Doch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stoppte das angenehme Künstlerleben abrupt. Noch im Januar 1940 wurde Helmut Neustaedter als erfolgreicher Flüchtling in der Straits Times erwähnt, aber bereits im September desselben Jahres fand er sich mit 250 anderen Deutschen und Österreichern als „Enemy Alien“ auf dem Schiff Queen Mary wieder. Bewirtet mit Cocktails und guten Speisen auf dem Weg nach Australien, wo er interniert wurde. Er diente fünf Jahre in der Australia Army als LKW-Fahrer, übernahm 1945 ein Fotostudio in Melbourne und nahm 1946 die australische Staatsbürgerschaft an. Helmut Newton wurde für ein paar Jahre sesshaft, bevor er weiter durch die Welt zog. Er wurde berühmt für seine Portraits und Aktfotos und lebte in mehreren Ländern, doch Singapur spielte keine weitere Rolle mehr im Leben des außergewöhnlichen und seine Zunft prägenden Fotografen. 2004 starb Helmut Newton nach einem Autounfall in Los Angeles.

Mehr zu europäischen Flüchtlingen in Singapur zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs gibt es in der aktuellen Impulse www.impulse.org.sg

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