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Choa Chu Kang Cemetery – Der größte Friedhof Singapurs

Im äußersten Westen der Stadt bin ich selten unterwegs, mit Bus und Bahn dauert es Ewigkeiten dorthin und mit dem Taxi ist zwar die Hinfahrt sehr einfach, doch um zurückzukommen muss man eher bangen, dass sich ein Fahrer zum Abholen erbarmt.

Umso schöner, dass Cony vorgeschlagen hat, mit ihrer Vespa einen Ausflug zum Choa Chu Kang Friedhof zu machen. Der größte Friedhof in Singapur, auf dem Angehörige aller ethnischen Gruppen ihre letzte Ruhe finden. Wir haben unseren Rundgang bei den chinesischen Gräbern begonnen und waren fasziniert.

Auf den ersten Blick sehen alle Parzellen gleich aus, aber bei näherer Betrachtung sind die individuellen Ausstattungen und Gestaltungen sichtbar. Sie liegen sehr dicht beieinander und manche Besucher müssen an fremden Ruhestätten regelrecht vorbeiklettern, um das Grab ihrer Angehörigen zu besuchen.

Jeder Grabstein hat eine lange Inschrift mit chinesischen Schriftzeichen und zeigt ein Bild des Verstorbenen. So blieben selbst wir als Fremde doch hin und wieder andächtig stehen und stellten uns vor, wer da wohl gerade vor uns liegt.

Die Größe des Friedhofes ist gewaltig. Über weite Felder hinweg liegt eine Grabstelle neben der anderen und es kommt mir vor, es ginge hinter dem Horizont immer weiter.

Das ändert sich zurzeit, denn der Friedhof wird von seiner Gesamtfläche von 318 Hektar über einen Zeitraum von mehreren Jahren auf 200 Hektar verkleinert. Auf der gewonnenen Fläche erfolgt die Erweiterung der Tengah Air Base, unter anderem mit einer neuen Landebahn. Dafür müssen insgesamt 80.000 chinesische und muslimische Gräber weichen. Um dieses bewerkstelligen zu können, gab die Regierung im Jahr 1998 bekannt, dass neue Gräber nur noch für die Dauer von 15 Jahren vergeben werden. Die Exhumationen sind in mehrere Phasen eingeteilt und begannen 2014. Die exhumierten Leichname werden auf Staatskosten eingeäschert und an anderen Stellen begraben oder auf See bestattet. Weil den Muslimen die Feuerbestattung untersagt ist, werden diese an andere Plätze des Friedhofs umgebettet.

Ein trauriger Gedanke, dass ein großer Teil dieser 72 Jahre alten Geschichte weichen muss. Und ein Jammer für die aufwendig und teuer gestalteten Gräber. Es sind wirkliche Kunststücke und ich würde gerne die eine oder andere Statue retten, denn es wäre einfach zu schade, wenn alles zertrümmert wird.

 

 




Peranakan

Als Fan der Peranakan-Küche habe ich am Wochenende das Peranakan-Museum besucht, um mehr über die Geschichte zu erfahren. Und die ist so umfangreich, dass man sich jahrelang damit beschäftigen kann. Das neoklassizistische Gebäude von 1912 in der Armenian Street selbst ist schon eine Besichtigung wert. Die Ausstellungsräume sind nach verschiedenen Themen aufgeteilt.   

Galerie 1 trägt den Namen „Origins“ und zeigt Porträts mehrerer Angehörige der verschiedenen Peranakan-Communitys in Singapur. Das Wort „Peranakan“ stammt aus dem Malaiischen und bedeutet „Kind von“ oder „hier geboren“. In Südostasien ein feststehender Begriff für Menschen mit gemischter Herkunft – meist Chinesen, die mit malaiischen Frauen ihre Familien gründeten. Galerien 2 bis 5 erzählen die Geschichte und den Ablauf einer traditionellen Peranakan-Hochzeit, die immerhin zwölf Tage andauert! Schmuck- und Möbelstücke, die extra für diesen Anlass angefertigt werden sind anzusehen und wenn man lange genug vor den zwei großen Bilderrahmen mit schwarz/weiß-Porträts stehenbleibt, fangen die abgebildeten Personen an zu reden und erzählen aus ihrem Leben. Das ist wirklich schön gemacht und interessant dazu. Die Galerie 6 „Nonya“: so nennen sich die Frauen der chinesischen Peranakans. Textilien und Handwerkskunst wie Perlenstickerei werden gezeigt, viele der Exponate sind auch zum Anfassen und Mitmachen gedacht! So steht ein Telefon bereit mit der Aufforderung, den Hörer abzunehmen und zuzuhören, wovon die Frauengespräche früher handelten – übrigens kein großer Unterschied zu anderen Kulturen und auch nicht zu der heutigen Zeit. In Galerie 7 geht es um Religion, die sich aufgrund der gemixten Kulturen aus Daoismus, Buddhismus und allgemeinem Volksglauben zusammensetzt. Sehr schöne alte Schränke mit beeindruckenden Schnitzereien (natürlich viele Drachen) und typische Altäre sind dazu ausgestellt. Die Galerie 8, „Public Life“, zeigt anhand alter Fotos und Exponate das öffentliche Leben, den Handel und die Politik prominenter Peranakans in Singapur. Galerie 9 ist meinFavorit und wie eingangs erwähnt ja auch der Grund meines Besuchs: Food and Feasting. Da musste ich mich gleich an den Tisch setzen. Und man beachte: entgegen der gewöhnlich runden Esstische der Chinesen ist dieser eckig und lang. Außerdem gibt es eine große Auswahl der wunderschönen farbenfrohen Keramik der Peranakans zu bewundern und eine originaleingerichtete Küche aus der alten Zeit wird zum Leben erweckt.

 

39 Armenian Street
Singapore 179941

Eintritt 13 S$

Täglich geöffnet von 10 bis 19:00 Uhr

Freitags bis 21:00 Uhr

 

 




Die Lichter sind wieder an! ilight Festival 2018

Gestern Abend wurde das ilight Festival von Lawrence Wong, Minister for National Development, an der Marina Bay eröffnet. Bis zum 1. April sind nun wieder allabendlich Lichtinstallationen von internationalen Künstlern zum Thema Nachhaltigkeit zu sehen.

22 Installationen sind es in diesem Jahr. In den Anfangsjahren seit 2010 waren die Kunstobjekte ausschließlich um die Marina Bay herum ausgestellt, mittlerweile wurde das Ausstellungsgelände erweitert und erstreckt sich weiter über den Esplanade Park. „Das Festival wird in jedem Jahr größer und schöner. Wir freuen uns, dass die Marina Bay eine internationale Bühne geworden ist“, sagte Minister Wong, der alle beteiligten Künstler in der VIP-Lounge des Float@Marina Bay persönlich begrüßte, in seiner Eröffnungsrede.

Sehr cool finde ich das Projekt von Studenten des Raffles College of Higher Education. Inspiriert von Reisfeldern sieht Urban Rice Fields zunächst einfach aus, wie in den Boden gerammte Bambusstäbe. Werden diese mit Blitzlicht fotografiert, entstehen aber Reflektionen auf den Fotos, die faszinierend wirken. Hier die Fotos mit und ohne Blitz zum Vergleich:

Das Thema Nachhaltigkeit habe ich dabei nicht erkennen können, aber Kunst darf ja auch einfach nur interessant sein.

Umso intensiver schreit Transistable Plastic nach Nachhaltigkeit. Unter der Esplanade Brücke hat das spanische Künstlerkollektiv Luzinterruptus durchsichtige Plastikflaschen in Plastiktüten verpackt und verbunden. Die Besucher sollen durch die entstandenen Mauern schlüpfen und sich mit dem Kunststoff umgeben.

Das war ein sehr dumpfes Gefühl, durch all den Kunststoffmüll zu laufen.

 

Schöner dagegen ist Dancing Grass im Esplanade Park. Schön grün und geschmeidig in der Bewegung. Man kennt diese aufgeblasenen Luftmännchen, die vor Geschäften stehen und hereinwinken. Hier sind es meterhohe Grashalme die sich im Wind wiegen. Ein Tanzboden voller Grashalme, die berührt, bewegt und umarmt werden sollen.

Nicht um Tanz aber um Musik geht es bei Illumaphonium von Michael Davis aus Großbritannien. Mehr als hundert leuchtende Glockenspiele sind bis zu dreieinhalb Meter hoch aneinandergereiht und reagieren mit Licht und Ton auf Berührung. Es war lustig zuzusehen, wie sich jeder Besucher ausprobieren wollte und die Finger nicht mehr davonlassen konnte.

Mein persönliches Highlight war der Merlion an der Bay. Visuell werden an ihm die Welt mit ihren Elementen Wasser, Wind und Feuer dargestellt. Die Installation Elements of Life erklärt mit einer Reise vom Weltall auf die Erde, wie diese Kräfte zueinander gehören und das Leben erst ermöglichen.
Ein Spaziergang entlang der Kunstinstallationen regt zum Nachdenken an und die Gedanken gehen dabei in viele Richtungen. Erst überlege ich, was mir gefällt und was nicht. Dann suche ich das Thema „Nachhaltigkeit“. Wenn ich auch manchmal nicht fündig geworden bin, hat es mich doch beschäftigt und mich zur Auseinandersetzung damit gezwungen.

Die Kunst des Zusammenspiels von Licht und Musik hat mich überzeugt und ich werde in den nächsten Wochen bestimmt noch öfters an den Installationen vorbeigehen, sie sind einfach zu anziehend.

Mein Vater hat mal wieder Recht behalten. Denn immer, wenn ich von Kunst oder Architektur nicht überzeugt war und nach dem Sinn und dem Warum gesucht habe, hatte er eine einfache Antwort parat, die mir bis heute in den Ohren klingt: „Weil es schön ist.“

So ist es!




Orchideengarten

Die Orchidee ist die Nationalblume Singapurs, darum wird sie im Orchideengarten des Botanischen Garten entsprechend gewürdigt und prachtvoll ausgestellt.
Mehr als 1000 Arten und 2000 Kreuzungen gibt es in dem wunderschön angelegten Garten zu sehen. Im Zusammenspiel mit Wasserfällen, Torbögen und Steinmauern ergeben sich eine Menge gut besuchter Fotomotive. Man wandelt auf den Wegen und ist wirklich fasziniert von all den Farben, aber noch mehr Spaß macht es eigentlich, den privaten Fotosessions an jeder Ecke zuzuschauen. Schlange stehen an ausgewiesenen „Foto-Stopps“, jede Pose wird ausprobiert.
Der Eintritt in den Botanischen Garten ist frei, die Ticketkosten für den Orchideengarten betragen nur 5 S$, Residents haben sogar freien Eintritt.

Etwas ruhiger war es im VIP-Garten: Die englische Landschaftsgärtnerei lässt hier grüßen. Seit den Anfängen der Orchideenzucht im Jahr 1928 entwickelte Singapur eine gewisse Berühmtheit mit den Neuzüchtungen. Diese wurden auch zur Völkerverständigung genutzt: Seit 1957 ehrt die Regierung ihre Staatsbesucher und andere VIPs in Singapur, indem sie ausgewählte Orchideenhybriden nach ihnen benennt. Helmut & Loki Schmidt, Helmut Kohl, Angela Merkel und im letzten Jahr auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gehören zu den deutschen Auserwählten. Eine Gruppe asiatischer Touristen hielt sich lange vor Angies Blume auf und ihr Anführer betonte mehrfach, dass Frau Merkel aus Ost-Deutschland sei. Die seit Jahrzehnten andauernde Ossi-Wessi-Diskussion findet also nicht nur in Deutschland statt.


National Orchid Garden

täglich geöffnet von 8.30 bis 19.00 Uhr

$ 5,00 für Erwachsene

$ 1,00 für Senioren

$ 1,00 für Senioren (60 Jahre und älter)

Residents und Kinder unter 12 Jahren haben freien Eintritt




Chinese New Year in Österreich

Am 16. Februar fand schon das zweite Chinese New Year während unserer Asienzeit statt, und ich bin wieder nicht in Singapur dabei gewesen. Das wichtigste Fest der Chinesen ähnelt dem Weihnachtsfest in unserer Kultur. Bereits Wochen vorher beginnen die Vorbereitungen, denn die Feierlichkeiten sind mit viel Essen im Kreise der Familie verbunden und die Kinder bekommen Geldgeschenke (Sag ich doch, wie unser Weihnachten). Die roten Hong bao-Umschläge für die Geldscheine wurden in den letzten Wochen in vielen Geschäften verteilt, unsere von Redmart und Minoso liegen gestapelt zu Hause und die roten Lampions hängen einsam von der Decke.

Chinese New Year bedeutet in Singapur auch zwei freie Tage. Und zwar die einzigen Feiertage in Singapur, an denen sogar die Geschäfte geschlossen sind, sehr ungewöhnlich. Einige Firmen schließen gleich für eine ganze Woche und die Wirtschaft arbeitet auf Sparflamme.

Die arbeitsfreie Zeit habe ich für ein paar Tage in Europa genutzt. Ausgestattet mit roten Kuschelhunden aus Chinatown für mein Patenkind und seinen Bruder im Gepäck. Sie sind wohl zwei der Wenigen in Hamburg, die mit dem Jahr des Hundes etwas anfangen können, denn Oma und Onkel leben in China.

Zwölf Tierzeichen hat das chinesische Horoskop, die sich im jährlichen Rhythmus ändern. Dazu kommt immer noch eines der fünf Elemente, so feiern wir in diesem Jahr den Erd-Hund.

Viele Glückwünsche, Karten und lustige Videos habe ich auf sämtlichen Kanälen erhalten, ich war mir am 16.2. also sehr wohl des besonderen Tages bewusst. Aber dass ich sogar beim Skifahren in Oberlech am Arlberg an das auch Mondfest genannte Ereignis erinnert werde, damit habe ich nicht gerechnet:

CNY-Deko in der Aprés-Ski-Bar!

Das Wort „Ananas“ bedeutet in Mandarin auch Glück, darum ist die Frucht vielerorts als Glückssymbol zu finden. Und dann auch noch in Rot und daneben der Hund! Zufall oder Planung? Ich wollte die Antwort lieber nicht wissen und habe nicht nachgefragt.

Auf jeden Fall wünsche ich Gōng xǐ fā cái!




Osterdekoration in Singapur

Das Jahr hat gerade angefangen und ich muss schon an Ostern denken. Anfang April ist Ostersonntag, also machen wir in der Märzausgabe der Impulse ein Osterthema und dafür ist wiederum Ende Januar Redaktionsschluss. Das erklärt, warum ich meine völlig verfärbten Finger abschrubben muss.

Wir haben in der Redaktion überlegt, welche Alternativen es zu den herkömmlichen Farbtabletten zum Eierfärben gibt. Die Singapurer haben es nicht so mit Ostern, darum muss man die Eierfarbe entweder im German Supermarket kaufen oder sich auf andere Weise behelfen. Da wir nicht nur allgemeine Tipps aus dem Internet abschreiben wollen, hat Christiane netterweise die Eierfärbe-Werkstatt bei sich zu Hause eröffnet, in der wir ein paar Versuche gestartet haben. Gleich vorweg: Vergesst den Früchtetee. Kurkuma färbt ganz gut, sowohl die Eier wie auch die Finger (siehe oben). Wer neugierig auf die besten Ergebnisse ist, muss aber auf die März-Impulse warten.




Arts from the street

Das war mal richtig cool. Das ArtScience Museum hat eine Ausstellung über Street Art eröffnet, die noch bis zum Juni 2018 andauert. Auf diese Pressekonferenz habe ich mich schon seit Wochen gefreut! Solche Media-Events können ja ziemlich trocken sein, aber dieses Mal war es dank der Beteiligten anders.

Die Ausstellung behandelt die Geschichte der Straßenkunstszene der letzten 40 Jahre und als Kuratorin war auch Magda Danysz anwesend. Eine absolute Expertin auf dem Gebiet und Galeristin in Paris mit Büros in Shanghai und London. Während sie über die Arbeit an der Ausstellung erzählte, musste ich an mein erstes Schulzeugnis denken. In dem stand: Frauke ist ein sehr erzählfreudiges Mädchen. Tja, mit Madame Danysz kann aber selbst ich nicht mithalten. Es war mitreißend, wie sie von ihrer Arbeit und der Geschichte der Street Art erzählte.

Am liebsten hätte sie die komplette Entstehung von der anarchistischen Bewegung bis zur Anerkennung als zeitgenössische Kunst erzählt, kam aber doch wieder auf den Grund der Ausstellung zurück: „Mit 40 Jahren Geschichte kann die Bewegung wirklich mal in eine künstlerische Perspektive gebracht werden“.

Die Künstler sind auch zur Rede gekommen. Während des Rundgangs haben anwesende Künstler über ihre Werke erzählt, die benutzte Technik erklärt und ihre Gedanken und Hoffnungen während der Entstehung beschrieben. In allen der sechs Ausstellungsbereiche durften internationale Maler auch Kunstwerke schaffen, die nur für diese fünf Monate im ArtScience Museum gedacht sind. Aufgemalt auf feststehende Wände, im Juni wird alles einfach übermalt. So war es eine tolle Mischung aus alt und neu.

Der Rundgang hat Spaß gemacht. Es war nicht nur bunt, auch Malereien in schwarz-weiß haben sich mit irrer Farbvielfalt oder auch mit nur wenigen aber dafür kräftigen Farben abgewechselt.

Leider meint die Regensaison es besonders hart mit uns in diesem Jahr und wir haben die Outdoor-Werke nicht ansehen können. Doch bis Juni ist noch Zeit.




Wiener Sängerknaben in Singapur

Am liebsten hätte ich sie alle adoptiert! Die Wiener Sängerknaben sind zu Besuch in Singapur. Vielmehr einer der Chöre, denn die singenden Matrosenanzüge aus Österreich sind in vier Konzertchöre aufgeteilt: Mozart-, Schubert-, Haydn- und Brucknerchor. Letzterer verbringt gerade eine Woche in Singapur und hält Konzerte und Workshops ab.

20 Heranwachsende auf einem Haufen und das ohne jegliches Geschrei oder irgendwelchem Lärm. Natürlich sind die jungen Sänger öffentliche Auftritte und Empfänge gewohnt, aber ich fand ihr Auftreten in der österreichischen Residenz schon sehr imposant.

Anfangs waren sie sehr schweigsam, ich dachte schon, sie würden lieber singen als reden, aber nach und nach haben sie doch das Erzählen angefangen. Ich wollte wissen, ob sie neben ihrem normalen Schulunterricht und der Proben auch in Benehmen und Etikette geschult werden, aber da meinten sie einstimmig, dass würden sie nebenbei mitbekommen. Sie seien ja oft unterwegs und stünden ständig in der Öffentlichkeit. Die Interviews gehören aber nicht zu den Lieblingsaufgaben: „Da wird man immer das Gleiche gefragt: Woher kommst Du? Wie bist Du zu den Sängerknaben gekommen? Was ist Dein Lieblingslied?“ Tja, diese Fragen brannten mir auch auf der Zunge aber nach der Ansage hatte ich das Bedürfnis, mir diese zu verkneifen. War aber nicht schlimm, denn dann haben sie es von alleine erzählt. Bunt gemischt mit deutscher, tschechischer und japanischer Herkunft waren sie sich trotzdem einig: „Wir fühlen uns als Österreicher.“ Und wenn einem das ein Japaner in Wiener Dialekt sagt, dann glaubt man das auch.

Gesungen wurde auch, leider nur kurz:

Dann habe ich noch erfahren, dass die ganze Wiener Entourage im Copthorne Hotel wohnt, direkt bei mir gegenüber. Während ich diesen Text schreibe, kann ich auf das Hotel gucken und stelle mir vor, wie die „Burschen“ trällernd durch die Flure springen. Aber dafür sind sie wahrscheinlich viel zu gut erzogen.




Buddhas Zahn im Buddha Tooth Relic Temple

Wir waren mal wieder tempeln in Chinatown, im Buddha Tooth Relic Temple. Relativ neu für eine religiöse Stätte, wurde der Tempel im architektonischen Stil der Tang-Dynastie 2007 eröffnet.

Mehr als 230 Kilogramm Gold wurden dafür gespendet, denn es wurde ein würdiger Platz für eine Reliquie benötigt, welche die Buddhisten für den linken Eckzahn Buddhas halten, der 1980 gefunden und danach in Myanmar aufbewahrt wurde.

Obwohl wir uns im quirligen und lauten Chinatown befinden, ist die Atmosphäre im Tempel entspannend ruhig. Betende Anhänger und faszinierte Touristen ergeben eine erstaunliche Einheit, denn egal aus welchem Grund der Tempel besucht wird, die Schönheit und Ruhe ergreift einfach jeden.

Über vier Stockwerke erstreckt sich der Bau, und die Anzahl der Buddha Statuen in verschiedenen Größen ist enorm. Jede Art von Buddha mit allen der vielen Handhaltungen ist vertreten.

In einem Bereich darf man für schlappe 68 Singapur-Dollar ein Jahr lang seine eigene kleine Figur aufstellen lassen und besuchen. Die muss man allerdings erstmal unter den anderen finden, es müssen Tausende sein.

Die Dachterrasse mit ihrem Orchideengarten ist genau richtig, um eine kleine Pause einzulegen. In einem der vier Pavillons steht die größte „cloisonné“ (kunsthandwerkliche Technik bei Emailarbeiten) Vairocana Gebetsmühle der Welt. Vairocana ist einer der fünf großen transzendenten Buddhas, die für verschiedene Weisheiten stehen. Grob zusammengefasst stehen sie alle für Wahrheit und Realität. Buddha ist also nicht gleich Buddha, es gibt Unter- und Nebenarten und sehr viele verschiedene Lehren. Würdenträger des Tempels geben regelmäßig interaktive Workshops und wer sich näher mit der Materie befassen möchte, kann sich hier anmelden: buddhistculture@btrts.org.sg

 

Wir wollten nun aber endlich den berühmten Zahn ansehen und sind in den vierten Stock in die Sacred Light Hall gegangen. Während im gesamten Gebäude das Fotografieren erlaubt ist, darf der Eckzahn auf keinen Fall abgelichtet werden. Solche Verbote sollte man auf jeden Fall respektieren, denn da kennen die Aufpasser keinen Spaß und das Erwischt werden ist mit langen Diskussionen verbunden, während denen man auch festgehalten wird und die Fotos letztendlich sowieso wieder löschen muss. Also haben wir uns den Zahn nur angesehen. Er ist viel größer, als ich erwartet hatte, aber gut erhalten und zu erkennen. Die Kammer ist sehr pompös mit Gemälden, Statuen und dem gespendeten Gold ausgestattet. Allerdings dürfen nur die Mönche an den Zahn herantreten, wir mussten uns außerhalb der Kammer mit einem Blick durch die Scheibe begnügen.

Schade, dass sich irgendwann herausgestellt hat, dass der Zahn, um den das Gebäude herumgebaut wurde, wohl von einer Kuh stammt. Das will aber verständlicherweise niemand hören und ist eigentlich auch egal. Denn ohne ihn könnten wir nicht jederzeit diesen wunderschönen Tempel besuchen und einfach mal ruhig durchatmen.


Montag bis Sonntag 7.00 – 19.00 Uhr

Der Eintritt und die wöchentlich stattfindenden, geführten Rundgänge sind kostenfrei

Angemessene Kleidung tragen: keine nackten Rücken und Schultern, Shorts, Mini-Röcke etc.

Im Kellergeschoss wird kostenlos vegetarisches Essen ausgegeben, wofür aber gerne Spenden angenommen werden




(Un)filtered Reflections

Die Foundation d’entreprise Hermès hat eingeladen, nicht nur Halstücher und Handtaschen (wobei das auch hohe Kunst sein kann!), anzuschauen, sondern auch Werke der japanischen Künstlerin Noriko Ambe anzusehen.

Ich war mit einer Freundin dort und wir haben anfangs nicht verstanden, worum es geht. Auf dem ersten Blick haben wir eine Menge Papierschnipsel vorgefunden, aber dann lichtete sich das Feld: Noriko, die auch bereits im MoMA in New York ausstellte, hat mit Schülern aus Singapur ein Projekt erarbeitet, in dem diese Schüler ihr Bücher und Zeitschriften, die mit dem Schulunterricht zusammenhängen, überlassen haben. Dazu gab es Informationen für die Künstlerin, wie die Schüler zu dem jeweiligen Unterricht stehen. „Die jungen Leute im Alter von 13 bis 18 Jahren haben nur noch ihren Schulabschluss im Kopf und dann haben sie noch so viel sich selbst zu tun, weil sie in der Pubertät sind. Das ist wirklich keine einfache Zeit.”, erklärt die Japanerin und erzählt auch gleich einige der Geschichten, die die Ausstellungsobjekte haben entstehen lassen. Damit erklärt sich auch der Titel der Ausstellung, „(Un)gefilterte Reflexionen“.

Hier hat ein Schüler gemeint, dass der Mathematikunterricht unerträglich sei. „Vernichte es einfach”, war sein Kommentar dazu. Also hat die Papierkünstlerin die Seiten geschreddert und kunstvoll wieder zusammengesetzt. Daraufhin haben wir uns mit einem anderen Blick erneut umgesehen und unsere eigenen Gedanken gemacht. Sind die verschnürten Pakete entstanden, weil der Abschluss kurz bevorsteht? Sieht das eine aus wie eine Schultüte, weil es jetzt erst richtig losgeht?

Wir hatten wirklich viel zu tun bei dieser Ausstellungseröffnung und haben uns Geschichten ausgedacht, die in Wirklichkeit wohl ganz anders sind. Aber es war eine tolle Erkenntnis, vom anfänglichen ‚was sollen diese gelöcherten Buchseiten‘ zu einem ,findet der Musikunterricht wirklich so schlimm?‘ zu wechseln.

Ich befürchte, dass die wirklichen Erklärungen gar nicht so spektakulär sind, wie unsere Phantasie uns vormachen wollte. Darum sollte man die Wahrheit besser gar nicht erst erfahren, sie könnte sehr ernüchternd sein.